Großer Wilder (2.370 m) Nordgrat

Anspruchsvolle Grattour mit Premium-Aussicht auf das Allgäuer Wahrzeichen

Einer der außergewöhnlichsten Berge unserer nördlichen Kalkalpen ist aus meiner Sicht die 4-köpfige Höfats, die „Königin“ der Steilgrasberge sowie das Wahrzeichen des Allgäus. Wer die physischen und mentalen Fähigkeiten für extrem ausgesetztes Steilgras mitbringt, kann die Höfats überschreiten oder zumindest über den einzigen „Normalweg“ den Ostgipfel besuchen.

Nicht weniger lohnend ist es, sich diesen formschönen Berg von gegenüber anzusehen. Dafür bietet sich der Nordgipfel des Großen Wilden als ideale Tour an, wobei auch hier hohe Anforderungen an die Begeher gestellt werden. Von Steilgras bis IIer-Klettereien ist hier alles geboten. Wählt man den Nordgrat auch für den Abstieg, erhöht sich der Anspruch nochmals deutlich. Die Tour ist daher ausschließlich versierten Bergsteigern mit absoluter Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und soliden Kletterfähigkeiten bis in den oberen II. Grad vorbehalten.

Wer all dem gewachsen ist, wird allerdings eine gewaltig schöne Bergtour erleben, die sich ideal mit dem eBike durch das Oytal zur Käseralpe starten lässt! 

Gipfelblick vom Großen Wilden auf die Höfats

Touren-Steckbrief

  • Schwierigkeit Bike :
    • Überwiegend flache, geteerte Straßen bis zur unteren Gutenalpe
    • Steile Serpentinen bis zur Käseralpe (Steigungen bis 15%)
  • Schwierigkeit Hike : Sehr anspruchsvolle Bergtour (T5+/II+)
  • Höhenmeter (Aufstieg) : Ca. 1.600 hm (davon 550 Bike / 1.050 Hike)
  • Strecke (insgesamt) : Ca. 30 km (davon 20 km Bike / 10 km Hike)

Routenverlauf

Oberstdorf (830 m) – Oytalhaus (1.010 m) – Käseralpe (1.405 m) – Himmelecksattel (2.007 m) – Großer Wilder Nordgipfel (2.370 m) – Retour auf der identischen Route

Anfahrt

Mit dem Auto: Von München über die A96 bis Ausfahrt Jengen/Buchloe. Weiter über die B12 bis Kempten und die B19 bis Oberstdorf. Parken bei der Oybele-Festhalle oder einem anderen Parkplatz im Bereich der Nebelhornbahn (es gibt diverse ausgeschilderte Parkplätze).
Mit der Bahn: Die Tour kann ideal vom Bahnhof Oberstdorf gestartet werden.

Einkehr

Oytalhaus: 
https://www.berggasthof-oberstdorf.de/berggasthof-oberstdorf-oytal.html

Untere Gutenalpe: Geöffnet von Mai bis Oktober.
https://www.oberstdorf.de/partner/untere-gutenalpe.html

Käseralpe: Geöffnet von Mai bis Oktober.
https://www.kaeseralpe.de/

Auffahrt durchs Oytal zur Käseralpe

Los geht es bei einem der (überteuerten) Parkplätze in Oberstdorf. Im Bereich der Skisprungschanze fährt man zunächst in einem Bogen die steile Straße bergauf, bis die Einfahrt Richtung Oytal beginnt. Die geteerte Straße biegt nach links ab und verläuft nun lange Zeit angenehm flach ins Oytal hinein bis zum Berggasthof Oytalhaus.

Über eine Brücke überquert man den Oybach und folgt weiter flach, aber nun schottriger bis zur Hinteren Gutenalpe. Bis hierhin handelt es sich noch um eine familientaugliche Radltour und streckenmäßig ist der Hauptteil bereits geschafft.

Die letzten knapp 300 Höhenmeter muss man sich nun über steile Kehren, allerdings wieder überwiegend geteert, erarbeiten. In einer längeren Geraden schließlich wird der Kessel bei der Käseralpe erreicht. Eine herrlich gelegene Alm, die vor allem von eBikern regen Besuch erhält. Hier Bike-Depot.

Aufstieg zum Himmelecksattel

Direkt hinter der Käseralpe beginnt nun der Steig, der einen über knapp 600 Höhenmeter zum Himmelecksattel hinaufbringt. Der zunächst breite und schottrige Weg ist im Aufstieg ideal, um sich für das spätere Gratabenteuer warmzulaufen. Im Abstieg hingegen entpuppt sich der  kleinschottrige und rutschige Weg dann als eher nervig.

Nach dem ersten serpentinenreichen und unspannenden Abschnitt kommt man auf 1.692 m an der Wildenfeldhütte vorbei, von der auch ein Weg auf die Lechtaler Seite nach Hinterhornbach führen würde. Ab hier werden nicht nur die drei Gipfel des Großen Wilden gut sichtbar, auch die gegenüberliegende Höfats setzt sich in Szene.

Der restliche Steig bewegt sich nun längere Zeit geradeaus und flach entlang der Flanke Richtung Norden und windet sich im Anschluss durch blumendurchsetztes Gras treppenstufenartig hinauf, bis schließlich der Himmelecksattel auf 2.007 m erreicht ist. Von hier schaut man nun rüber nach Osten zum Hochvogel und ins Bärgündeletal sowie zurück ins Oytal und auf die Höfats, die nun endgültig ihr berühmtes Profil annimmt.

Nordgrat zum Großen Wilden

Nach einer notwendigen Pause und Stärkung wird es nun ernst. Direkt am Himmelecksattel beginnt der Einstieg zum Nordgrat, dem man zumindest von der Orientierung her aufgrund von Steigspuren und sogar zahlreichen Farbmarkierungen problemlos folgen kann. Der Grat lässt sich in drei Abschnitte unterteilen.

Im ersten Abschnitt wird man sofort mit dem Ernst der Tour konfrontiert. Nachdem man vom Himmelecksattel zunächst einfach über eine Graskuppe mit Metallskulptur in Bärengestalt (Update: Der Bär wurde bereits wieder entfernt. Der Hintergrund dieses Kunstwerks ist Stand August 2024 unklar) gewandert ist, muss auf sehr schmalem Steig ausgesetzt ein Felszacken umgangen werden. Im Anschluss führen erdige Spuren in ausgesetztem Steilgras zurück auf den Grat. Gerade im Abstieg stellt dieser Abschnitt zum Schluss nochmals eine der Schlüsselstellen dar, hier darf kein Fehler passieren. Wer sich hier bereits unwohl fühlt, sollte sofort umkehren.
Wieder am Grat angekommen, geht es erst einmal auf schmalem, aber gutmütigeren Steig durch das Gras weiter. Der eine oder andere Absatz wird mit Einsatz der Hände überstiegen, aber größere Schwierigkeiten sind hier nicht zu erwarten.

Mit dem zweiten Abschnitt folgt nun der Hauptteil, der die klettertechnischen Schlüsselstellen parat hält. Nachdem eine erste Ier-Stufe überwunden ist, bewegt man sich über einen flachen Kessel auf den Gipfelaufbau zu und erreicht über kleinere Klettereien im Auf und Ab plötzlich einen Felsabbruch, der im Aufstieg die Schlüsselstelle (II+) darstellt. Vom brüchigen Felsturm muss in eine Scharte abgeklettert werden, wobei der untere Absatz einen leichten Überhang und kaum gute Griffe bereit hält. Hier muss man sich ein bisschen an den Fels hängen und auf Reibung herunterlassen oder zum Schluss einen kleinen Sprung wagen. Direkt nach der Scharte folgt eine Kletterei über steile Platten (II), die aber aufgrund von Markierungen und Rissen gut zu meistern ist (im Abstieg allerdings anspruchsvoller).

Das schwierigste ist nun geschafft. Im dritten Abschnitt geht es nun nochmals über bröselige Felsstufen (I) auf das schon sichtbare Gipfelkreuz zu. Auch hier ist nochmals Konzentration gefordert, aber dieser letzte Abschnitt ist im Vergleich zum anspruchsvollen Gelände zuvor deutlich entspannter. 

Schließlich ist knapp 1 Stunde nach Aufbruch vom Himmeleckstattel der Nordgipfel des Großen Wilden auf 2.370 m erreicht. Ein herrliches Panorama eröffnet sich. Neben Hochvogel und Höfats kommt nun auch der Allgäuer Hauptkamm mit dem vorgelagerten Kamm des Rauhecks zum Vorschein. 

Abstieg

Der Abstieg verläuft auf derselben Route. Gerade beim Abklettern des Nordgrats ist nochmals höchste Konzentration angesagt. In Abstiegsrichtung stellen sich vor allem das Abklettern der Platten sowie zum Schluss die Steilgraspassage als die Schlüsselstellen dar, während der zuvor genannte Felsturm diesmal hinaufgeklettert wird, was nun deutlich einfacher ist. 

Alternative: Wer den Nordgrat nicht abklettern möchte, könnte den Nordgipfel auch überschreiten. In der Scharte zwischen Nord- und Hauptgipfel dreht der Weg nach links Richtung Vorderer Wilder ab. Diesem folgt man, bis nach links ein Abbruch mit Steigspuren in die Gamswanne führt, einem Geröllfeld, das lange im Jahr mit Schnee gefüllt ist. Die Spur traversiert unterhalb des Nordgrats und führt mit Gegenanstieg oberhalb der Steilgraspassage auf den Nordgrat zurück. Diese Alternative ist technisch einfacher und sogar in den Open Street Map Karten verzeichnet, allerdings aufgrund des Gerölls auch mühsamer, sofern keine Altschneefelder zu erwarten sind.

Fazit

Die Tour auf den Großen Wilden ist eine großartige Bergtour, die noch lange nachwirkt und herrliche Kletterei in überwiegend gutem und markierten Fels sowie ein tolles Panorama bietet. Allerdings ist über lange Zeit volle Konzentration in teils heiklem und schwierigem Gelände gefordert. Daher nochmals der HINWEIS: Diese Tour ist keine Wanderung und darf nur von versierten Bergsteigern und keinesfalls bei Nässe unternommen werden!

Karte

GPX-File zum Download

Hinweis: Die Nutzung der Datei unter folgendem Link für die eigene Tourenplanung erfolgt auf eigenes Risiko. Für Fehler oder Ungenauigkeiten kann keine Haftung übernommen werden.

Großer Wilder.gpx

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