Kleiner Daumen (2.197 m), Großer Daumen (2.280 m)

Großzügige Überschreitung in Allgäuer Bilderbuchlandschaft

Das Allgäu geizt bekanntlich nicht mit landschaftlichen Reizen und ist gespickt mit touristischen und bergsteigerischen „Hotspots“. Der Große Daumen würde wahrscheinlich nicht zu diesen zählen, wäre er nicht zufällig der Endpunkt einer der bekanntesten (und überlaufendsten) Touren des Allgäus: Dem Hindelanger Klettersteig, der sich von der Nebelhorn-Bergstation bis zum Großen Daumen erstreckt. Die meisten der Begeher statten dem Gipfel daher noch einen kurzen Besuch ab, bevor sie den Rückweg zum Nebelhorn antreten. 

Deutlich kleiner ist bereits die Zahl derer, die noch eine Überschreitung zum Kleinen Daumen dranhängen. Und nur vereinzelt schließlich dürfte die Daumenüberschreitung als Tagestour von Hinterstein aus unternommen werden.

Dabei kann man unter Zuhilfenahme des eBikes eine herrliche Rundtour erleben, auf der man sich bei frühem Aufbruch alleine in traumhafter Landschaft bewegt und an heißen Tagen sogar einen ganzen Badesee für sich hat.

Blick vom Kleinen Daumen Richtung Allgäuer Hochalpen

Touren-Steckbrief

  • Schwierigkeit Bike :
    • Leichte Radltour auf flacher Teerstraße bis zum Giebelhaus
    • Sehr steiler Forstweg bis zur Schwarzenberghütte (Steigungen über 15%)
  • Schwierigkeit Hike : Leichte Bergtour (T4- / Klettersteig B) zwischen Kleinem und Großen Daumen, ansonsten moderate Bergwanderung (T2-T3)
  • Höhenmeter (Aufstieg) : Ca. 1.550 hm (davon 550 Bike / 1.000 Hike)
  • Strecke (insgesamt) : Ca. 33 km (davon 22 km Bike / 11 km Hike)

Routenverlauf

Parkplatz Hinterstein „Auf der Höh“ (880 m) – Giebelhaus (1.068 m) – Schwarzenberghütte (1.380 m) – Engeratsgundsee (1.876 m) – Kleiner Daumen (2.197 m) – Großer Daumen (2.280 m) – Laufbichlsee (2.012 m) – Engeratsgundsee – Retour auf der Aufstiegsroute

Anfahrt

Mit dem Auto: Von München über die A96 bis Ausfahrt Jengen/Buchloe. Weiter über die B12 bis Kempten und die B19 bis Ausfahrt Sonthofen. Weiter bis Bad Hindelang und dort ins Hintersteiner Tal abbiegen. Parken am letzten möglichen Parkplatz.
Hinweis: Parken ist – sowohl am Automaten, als auch über die App – erst ab 7 Uhr möglich.
Mit der Bahn: Nur bedingt möglich. Mit der Bahn nach Sonthofen. Von dort kann ein Bus nach Bad Hindelang genutzt werden (Fahrradmitnahme muss erfragt werden).

Einkehr

Schwarzenberghütte: Übernachtungsmöglichkeit, geöffnet von Ende Dezember bis Anfang November.
https://www.dav-illertissen.de/Schwarzenberghuette

Giebelhaus: Ganzjährig geöffnet.
http://www.giebelhaus.de/index.html

Über das Giebelhaus zur Schwarzenberghütte

Ich habe die Tour auf einen Samstag im Hochsommer gelegt und starte daher schon vor Sonnenaufgang am Parkplatz. Nicht nur ist man auf dieser südseitigen Tour durchgehend der Sonne ausgesetzt. Der Parkplatz ist an schönen Wochenenden auch sehr schnell gefüllt. Giebelhaus, Schrecksee und Hochvogel locken zahlreiche Wanderer und Ausflügler an. Dementsprechend kann ich den Parkschein erst später vom Berg aus über die App lösen (siehe Hinweis bei „Anfahrt“).

Es geht nun auf komfortabler Asphaltstraße mit nur geringen Steigungen durch das Hintersteiner Tal, in dem es noch angenehm kühl ist. Die Straße macht immer wieder ein paar Kurven und mündet schließlich in eine lange Gerade, die auf das schon von weitem sichtbare Giebelhaus zugeht. Bis hierhin könnte man auch mit dem regelmäßig verkehrenden Bus gelangen.

Am Giebelhaus heißt es nun nach rechts Richtung Obertal abzubiegen. Bereits kurze Zeit später gelange ich zu einer markanten Weggabelung. Hier nun abermals nach rechts (Wegweiser „Schwarzenberghütte“). Die Straße wird nun ruppiger und steilt im Wald ordentlich auf. Knapp 250 Hm müssen in unter 2 Km bewältigt werden. Nach dem Wald komme ich auf freies Wiesengelände mit bereits toller Aussicht und komme nach einigen letzten Kehren an der Schwarzenberghütte an, hier Bike-Depot.

Von der Schwarzenberghütte zum Engeratsgundsee

Von der Hütte geht es der Beschilderung nach zunächst ein Stück am Waldrand bergab bis zu einem Forstweg, dem man nun in einer großen Linksschleife bis zur Käseralpe bergauf folgt. Rein theoretisch könnte man es mit dem Bike noch bis hierher schaffen, aber dieser Abschnitt ist sehr ruppig und zu Fuß schnell abgelaufen.

An der Käseralpe beginnt nun der eigentliche Steig, der mich über 500 Hm hinauf zum Engeratsgundsee bringt. Es geht fast in einer geraden Linie entlang der steilen Hänge. Immer wieder drehe ich mich um und genieße den stetig besser werdenden Blick nach Süden zum Hochvogel und Großen Wilden. Der Steig dreht schließlich nach rechts ab und führt mich zuletzt in einer Linkskurve steil direkt zum Ufer des Engeratsgundsees, der in einem Kessel eingebettet liegt. Die aufziehende Morgensonne erzeugt hier eine herrliche Stimmung, es ist kein Mensch weit und breit zu sehen.

Auf direktem Weg zum Kleinen Daumen

Es folgt nun der einzige Abschnitt der Tour, auf dem Orientierungssinn (und eine Karte mit GPS) gefragt ist. Ich folge vom Seeufer zunächst nach rechts dem markierten Steig Richtung Großer Daumen. Über diesen erreicht man auf der Grathöhe oberhalb des Sees das „Türle“ – ein treffender Name, denn über diese Scharte gelangt man auf die Nordseite des Grats und bekommt eine ganz neue Perspektive. Hier würde auch ein weiterer langer Steig aus dem Hintersteiner Tal hinaufkommen.

Ich wende mich jedoch nach links und folge weiter dem Steig Richtung Daumen, der sich nun etwas ausgesetzt durch das steile, von Blumen durchsetzte Gras auf die Gratkante hinaufwindet. Oben angekommen, verbreitert sich der Weg wieder deutlich. Ich kann nun wieder auf den See hinabblicken und quere oberhalb des Kessel Richtung Westen in einer geraden Linie.

Es heißt nun bald Augen auf! Würde man dem Steig immer weiter folgen, käme man irgendwann zur Daumenscharte und hätte den Direktaufstieg auf den Kleinen Daumen längst verpasst. Dieser beginnt nämlich auf halber Strecke sehr unscheinbar. Kurz nach Passieren eines ausgetrockneten Flusslaufes sind auf der rechten Seite erdige Spuren im Gras zu erkennen. Würde die Karte hier nicht genau den Einstieg anzeigen, käme man nicht unbedingt auf die Idee, hier den markierten Steig zu verlassen. 

Ich steige erstmal planlos den Grashang hinauf, bis sich nach kurzer Zeit der Steig abzeichnet. Dieser verliert sich in Folge auch nicht mehr und zieht in einer Linie nach Norden, zunächst über Gras und dann durch ein Geröllfeld. Von dort kommt auch bald der Gipfel des Kleinen Daumens in Sicht, den ich kurze Zeit später erreiche und mir erst einmal ein zweites Frühstück in der Morgensonne gönne.

Überschreitung zum Großen Daumen

Vom Gipfel des Kleinen Daumen hat man das Bollwerk des Großen Daumen bereits gut im Blick. Dazwischen folgt nun ein kurzer, aber schöner Grat, der bestens markiert und an den schwierigsten Stellen mit Drahtseilen versichert ist.

Der Übergang macht wirklich Spaß und ist nicht übermäßig schwierig, auch wenn man sich hier stellenweise in ausgesetztem Gelände bewegt, das natürlich entsprechende Trittsicherheit verlangt. Mal auf der Süd-, mal auf der Nordseite ist man schnell über den Grat spaziert und gelangt am tiefsten Punkt zur Daumenscharte. Auf dem markierten Steig, den ich zuvor verlassen hatte, würde ich von hier zurück zum Engeratsgundsee kommen, aber ich gehe natürlich weiter in Richtung Großer Daumen.

Es folgt nun ein steiler Aufstieg durch bröseligen Schotter, der in vielen Kehren auf den Gipfelgrat führt, an dem sich ein fantastischer Blick nach Süden eröffnet. Mit wenig Höhenunterschied folge ich nach rechts über das weiträumige Plateau bis zum Gipfel des Großen Daumen mit Holzmarterl. Von hier sind nicht nur die Allgäuer Hochalpen, sondern auch der Hindelanger Klettersteig sowie im Norden Rotspitz und Heubatkopf und der Grünten gut zu sehen. Heiß ist es und ich finde bei einigen größeren Felsen einen kleinen Streifen Schatten, in dem ich meine Gipfelbrotzeit verbringe!

Über den Laufbichlsee zurück zum Engeratsgundsee

Bei inzwischen ordentlich heißen Temperaturen geht es nun langsam an den Abstieg. Vom Gipfel steige ich nun zunächst Richtung Hindelanger Klettersteig auf dem breiten Graskamm ab, bis ich zu einem Schilderbaum komme. Geradeaus würde es nun zum Einstieg bzw. Ausstieg des Klettersteigs gehen. Ich orientiere mich allerdings nach links und kann den Laufbichlsee weiter unten bereits erkennen.

Über teils bröselige Serpentinen geht es steil und schnell zum Seeufer hinab. Der Laufbichlsee liegt wunderbar in der Landschaft eingebettet und lädt bei den hochsommerlichen Temperaturen zum baden ein. Gut, dass ich an eine Badehose gedacht habe, auch wenn ich hier eh mutterseelenalleine bin. Der See ist glasklar und eiskalt. Länger als ein paar Minuten halte ich es nicht aus, aber die Abkühlung tut richtig gut.

Vom See aus quert man nun in leichtem Auf und Ab dem gut markierten Steig durch gutmütiges Gras- und Felsgelände. Ein Highlight ist der Blick hinüber zu den begrünten Steilgraskuppen der „Laufbichlkirche“. Schon bald taucht der Engeratsgundsee auf, den ich nun von der anderen Seite wieder erreiche.

Der Abstieg verläuft von hier auf der Aufstiegsroute. Mit der Einsamkeit ist es inzwischen aber vorbei. In Scharen kommen mir bei 35° Mittagshitze Wanderer Richtung Engeratsgundsee entgegen, viele ohne Kopfbedeckung.

Fazit

Die Daumenüberschreitung ist eine Genusstour in toller Landschaft, für die man eine gute Kondition mitbringen sollte, die aber für sichere Berggeher ansonsten eher moderate Schwierigkeiten mit sich bringt. Sofern man früh dran ist, kann man hier völlig alleine unterwegs sein, was im Hochsommer sogar unbedingt anzuraten ist, denn Schatten wird man auf der gesamten Tour nicht finden. 

Karte

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