Stierjoch (1.908 m), Torjoch (1.828 m) - Überschreitung von Fall
Lohnende Gratüberschreitung im einsamen Vorkarwendel
Es gibt sie noch, die Ecken in den bayrischen Alpen, die so gut wie nie Besuch erhalten. Dazu gehört zweifelsfrei das Vorkarwendel, das sich vom Sylvensteinspeicher nach Süden erstreckt. Lediglich ein paar „Hotspots“ findet man hier mit dem Demeljoch und natürlich der Tölzer Hütte mit dem Schafreuter.
Nicht weit von letzterem entfernt erstreckt sich der Grat vom Stierjoch bis zum Östlichen Torjoch. Diese eindrucksvolle Wand sieht man bereits aus dem Auto, wenn man auf den Sylvensteinspeicher zufährt, doch kaum jemand kennt sie. Grund ist die schwere Erreichbarkeit, denn vom nähesten Talort Fall trennen sie 12 Kilometer Forstwege, die daher meist nur von Mehrtageswanderern nach Übernachtung in der Tölzer Hütte in Kauf genommen werden.
Dieser Umstand beschert uns die Möglichkeit einer wunderschönen Bike & Hike Tour, auf der man auch an belebten Wochenenden zwar viele Gämsen, aber vermutlich keine Menschen treffen wird. Während sich technisch keine größeren Hürden in den Weg stellen, ist allerdings eine gute Kondition sowie Routengespür im nicht immer übersichtlichen Gelände gefordert!
Touren-Steckbrief
- Schwierigkeit Bike :
- Gemütliche Radltour über eine flache Teerstraße entlang der Dürrach
- Gut fahrbare aber lange Forststraße bis zur Ludernalm mit konstanter Steigung von ca. 10%
- Schwierigkeit Hike : Anspruchsvolle Bergwanderung (T3)
- Höhenmeter (Aufstieg): Ca. 1.400 hm (davon 750 Bike / 650 Hike)
- Strecke (insgesamt): Ca. 32 km (davon 24 km Bike / 8 km Hike)
Routenverlauf
Wanderparkplatz Fall (770 m) – Ludernalm (1.460 m) – Stierjoch (1.908 m) – Östliches Torjoch (1.818 m) – Ludernalm (1.460 m) – Abfahrt auf der Auffahrtsroute
Anfahrt
Mit dem Auto: Von München über Wolfratshausen, Bad Tölz und Lenggries nach Fall. Dort beim Ortseingang links abbiegen und dann rechts am Wanderparkplatz parken.
Mit der Bahn: Von München HBF mit der RB56 nach Lenggries. Von dort mit dem Bergbus Eng nach Fall. Fahrradmitnahme nur unter der Woche und nach Anmeldung möglich.
Einkehr
Auf der Tour keine Einkehrmöglichkeiten.
Auffahrt zur Ludernalm
Vom Wanderparkplatz starten wir zunächst flach auf der Teerstraße nach Süden, auf der die meisten ihre Tour aufs Demeljoch starten. Schon bald bekommen wir einen guten Blick auf unser Tagesziel, das allerdings noch in weiter Ferne liegt.
Nach 4 Kilometern ohne nennenswerte Steigung heißt es aufpassen. An einer Schranke verlassen wir die Straße schräg nach rechts und folgen dem Schotterweg zunächst bergab. Über eine Brücke überqueren wir die Dürrach und arbeiten uns auf der anderen Seite in steilen Serpentinen bergauf. Über eine sehr lange Gerade zieht die Straße nun nach Südosten, bis wir auf einen Sendemasten stoßen und sich die Straße wieder in die Gegenrichtung wendet.
In weiteren Serpentinen geht es steil bergauf und wir kommen nun in schönes Almgelände beim Lerchkogel-Niederleger, von dem man einen schönen Blick zurück zum Sylvenstein hat.
Wir folgen der nun ruppigeren Schotterstraße weiter und können den Kessel bei der Ludernalm bereits gut sehen. Wir biegen noch einmal rechts ab und erreichen über die sehr steile Almstraße, zuletzt durch den Wald, die herrlich gelegene und einsame Ludernalm, die genau mittig unter dem später begangenen Grat liegt.
Aufstieg zum Stierjoch
Von der Ludernalm ist bereits der Steig zu erkennen, der sich im Zickzack die Flanke zwischen Stierjoch und Kotzen hinaufwendet. Den Einstieg in den Steig finden wir bereits kurz hinter der Alm und folgen diesem nun die Westflanke hinauf. Oben angekommen, bewegt sich der Steig nun nach Norden auf den Kotzen zu (dieser könnte mit insgesamt 3 Km Mehraufwand hin und zurück drangehängt werden).
Wir passieren einen markanten Baum und müssen kurze Zeit später aufpassen, um den Pfad Richtung Stierjoch nicht zu verpassen. Dieser zweigt bei einem verwitterten Baum sehr unscheinbar links ab (Karte mit GPS dringend empfohlen).
Durch enge Latschengassen folgen wir dem Pfad nun wieder nach Süden und erreichen bald die Gratkante. Dort eröffnet sich schlagartig ein super Blick zum Schafreuter, der sich von Osten von seiner schroffen Seite zeigt. Wir folgen weiter dem schwach ausgeprägten Pfad durch die Latschen, bis sich am Gipfelaufbau des Stierjochs schließlich das Gelände lichtet.
Sehr steil geht es nun die letzten knapp 200 Hm über die Grasflanke auf den Gipfel am Stierjoch, der lediglich durch einen Grenzstein sowie eine (umgestürzte) Stange gekennzeichnet ist. Wir haben den höchsten Punkt unserer Tour erreicht und werden von einem fantastischen Rundumblick erwartet. Im Norden Kotzen und Sylvenstein. Im Westen Delpssee, Tölzer Hütte und Schafreuter. Und im Süden das winterliche Karwendel.
Vom Stierjoch zum Torjoch
Es folgt nun eine kurze Gratwanderung zum genießen, die ab dem Stierjoch sogar offiziell markiert ist. Wir bewegen uns von nun an immer an der Gratkante oder leicht südlich davon in sanftem Grasgelände fast eben Richtung Osten und genießen die Blicke auf beiden Seiten. Lediglich an einer Stelle müssen wir steil in eine Scharte absteigen, ansonsten haben wir es mit einfachem Wandergelände zu tun.
Über einen kurzen Gegenanstieg passieren wir relativ unbemerkt das westliche Torjoch und sehen in greifbarer Nähe das Kreuz am Östlichen Torjoch, dem letzten Gipfel unserer Tour. Auch hier gönnen wir uns nochmals eine kleine Brotzeit mit Blick ins Karwendel sowie zum Sylvenstein. Auch unser Abstiegsweg und der Lerchkogel-Hochleger sind nun im Osten zu sehen.
Abstieg und Rückkehr zur Ludernalm
Es folgt nun der zweite Teil der Tour, an dem Orientierungssinn gefragt ist. Zunächst steigen wir vom Torjoch über bröselige Serpentinen weiter nach Osten zum Lerchkogel-Hochleger ab. Bei Erreichen des flachen Wiesenplateaus heißt es nun abermals aufpassen bzw. die Karte im Blick haben. Wiederum unscheinbar zweigt nach links unser Rückweg zur Ludernalm ab, der sich zu Beginn bestenfalls erahnen lässt.
Schon kurze Zeit später aber wird ein Pfad erkennbar, der sich erst bergab und dann ohne großen Höhenverlust unterhalb unseres zuvor begangenen Grates in Richtung Westen bewegt.
Wir kommen schließlich in die schottrige Flanke unterhalb des westlichen Torjochs und können unterhalb die Behausungen der Ludernalm erkennen. Fast auf Höhe unserer geparkten Bikes bringt uns der Steig zurück.
Nach kurzer letzter Rast treten wir unsere lange und steile Abfahrt an, die nochmal richtig Spaß macht.
Fazit
Wer Einsamkeit sogar an überfüllten Wochenenden sucht und eine lange Bike-Zufahrt mit vielen Höhenmetern nicht scheut, der wird auf dieser Tour fündig und wird eine herrliche Tour erleben. Diese ist technisch weitestgehend unschwierig, und sogar die Orientierung ist bis auf zwei Stellen kein großes Problem. Geheimtipp im Vorkarwendel!
Karte
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